Frühling

Ausritt bei Brühl
gnadenloser Sonneschein, ich kann den Frühling fühlen
die Krokusse sprießen, die Schneeglöckchen blühen, die ersten Osterglocken wagen sich hervor, ich kann den Frühling sehen
die Vögel zwitschern um die Wetter, ich kann den Frühling hören
wenn ich Abends zum Stall fahre, ist es noch hell, der Frühling kommt
alles und alles ist voller Haare, ich kann den Frühling spüren
die Weidenkätzchen, die Haselsträucher strecken ihre Blüten in den Wind, ich kann den Frühling riechen

Endlich, endlich ist es soweit. Nach einem ersten normalen Winter seit zwanzig Jahren erlaubt die Witterung einen größeren Ausritt. Der Boden ist aufgetaut und einigermaßen abgetrocknet, die Straßen sind frei, die Sonne schein. Strahlend blauer Himmel und voller Tatendrang.
Doch zuerst müssen die Pferde in den Anhänger. Tarpan als "Fahranfäger" verweigert den Einstieg, Minchen als "alter Hase" möchte aber trotzdem nicht zuerst gehen. Tja, was machen wir da. Die Führkette ist schließlich überzeugend, bei Tarpan genügt ein wedeln mit dem Strick. Geht doch, es ist ja auch genug Heu im Netz.
Die Fahrt verläuft sehr ruhig. In Brühl angekommen, ist das ausladen wieder erwarten überhaupt kein Problem. Minchen darf wieder zuerst gehen, mit Minchen an seiner Seite hat auch Tarpan keine Eile. Bald haben uns auch Harald und Elke mit den Arabern eingeholt. Neugierig sieht Mina hinüber, die kenn ich doch?!

Geputzt, gesattelt, auf geht es. Minchen haart wie ein Weltmeister. Erste Hilfe, Kompaß, Decke und Handy, alles an Bord. Abu schreitet kräftig aus, Minchen trödelt hinterher, Tarpan und Kita behaupten das Mittelfeld. An der ersten schlammigen Pfütze stillt Minchen ihren Durst, buh, so eine Brühe, aber es scheint ihr zu schmecken. Die Frühlingsluft macht durstig, dazu steckt sie ja noch in ihrem norwegischen Wintermantel. Noch einen Pfütze, ein Weiherchen mit Grütze, als ob sie nur Augen für das Wasser hat, macht Minchen an jedem Tümpel halt. Eis glitzert auf der Wasseroberfläche. Der Frühling strebt mit aller Macht nach dem Tag, aber hier im Schatten hält sich noch der winterliche Frost der Nacht. Endlich, ein plätschernder Bach mit frischen klarem Wasser. Mina, da kannst Du Deinen Durst viel besser löschen.
Der Einstieg ist etwas schlammig, aber ich verlasse mich da ganz auf den Ponyinstinkt. Schon steht Minchen im matsch, die Nase dicht am Wasser, aber sie trinkt nicht? Nein? Nein. Dafür steckt sie im Sumpf fest. Mit drei Beinen versinkt sie bis zum Karpalgelenk, das vierte Bein steckt mit dem Huf im Morast. Was mache ich nun. Ruhig beleiben, die Feuerwehr holen. Nein, der Bach sieht fest aus, Sand und Steine, wenn sie auch nicht zurück kann, nach vorne kommt sie vielleicht doch weg. Um uns herum liegt jede Menge Laub, das könnte Halt geben. Verdammt. Ruhig bleiben. Haben wir ein Problem? Ich bin abgesessen, der feste Boden reicht direkt bis unter meinen Fuß. Ich habe das mal im Film gesehen, Unglücke im Treibsand. Stand nicht auch mal ein Bericht in der Cavallo, wo ein Fjord im Schlamm stecken geblieben ist? Ein Handy habe ich dabei, eine Decke auch. Ruhig bleiben. Ich schiebe mich unter Minchens Hals vorbei, versinke mit dem halben Unterschenkel im Matsch, schon habe ich wieder festen Boden unter den Füßen. Es ist nur der Einstieg in den Bach, der so weich ist. Die Uferböschung ist etwas steil, komm Minchen, komm einfach weiter. Schmatz schlürf, zieht Mina ein Bein nach dem anderen aus dem schlüfprigen Boden. Puh, Glück gehabt. Durst hat sie keinen mehr.
Ein paar Meter zu Fuß haben wir das Abenteuer verdaut.
An einer Wiese legen wir eine Rast ein, die Ponies können ein wenig verschnaufen, Tarpan möchte sich gleich wälzen, aber mit Sattel geht das natürlich nicht. Mina hat nur Augen für das Gras, gnaz hinten unter der Hecke gleich an den Gleisen schmeckt es am besten. Aber Mina, da hinten im Schatten ist es doch kühl! Nein, sie hat recht, als Rehepony sollte sie sonniges kaltes Frühlingswetter meiden, im Schatten, das ist viel gesünder für sie.

Bild: Ulrich Rüdiger

Nach zwanzig Minuten schwingen wir wieder die Hufe. Erstaunlich willig läßt Mina sich wieder trensen.
Auf auf, die Wege laden zu flottem Reittempo ein. Gut vier Stunden Ritt liegen hinter uns, da sind wir wieder am Parkplatz. Die Pferde dösen in der Sonne und lassen sich den Schweiß aus dem Fell bürsten. Am Birkhof gibt es frisches klares Wasser. Tarpan und Mina haben ordentlich Durst.
Jetzt geht es wieder ans Verladen. Wie geht es wohl am Besten, wenn keines der beiden Urpferdchen als erstes gehen mag? Vielleicht gleichzeitig? Ulrich stiefelt mit Tarpan am Anhänger vorbei, wedelt durch die Luke, Huhu, Mina, komm .. und Mina stolziert schnurstracks an mir vorbei in den Anhänger. Uff. Etwas erstaunt schließe ich schnell die Stange hinter ihr. Kaum ist Tarpan von der Tür verschwunden, da brummelt sie lautstark ihren Unmut. Doch schon ist er an der Hängerklappe wieder aufgetaucht. Mit fast der Selbstverständlichkeit eines Profis steigt auch Tarpan ein. 1 1/2 Minuten Verladezeit, wenn das mal nicht zwei Superpferchen sind, die sich zwei Extra-Belohnerlies verdient haben!
Die Araber zieren sich da eine Runde mehr, aber mit vereinten Kräften sind auch die zwei Südländer bald verladen.

Heimwärts fahren wir in die untergehende Sonne. Tarpan darf sich ausgiebig in der Halle wälzen, Minchen zieht einen Nachtisch von der Wegböschung vor. Das war ein sehr schöner Tag. 
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