Ausritt mit Gedanken

neue Stelle - hurra!
7. April 2011

Da war es plötzlich aus, mit der "Stelle in Aussicht" und ich wieder an der Bewerberfront. Nur ist es diesmal nicht so gut gelaufen oder ich bin einfach zu ungeduldig. Hatte ein Vorstellungsgespräch für eine Stelle, die mir wirklich gut gefallen hätte, aber sie wollen jemand anderen lieber, hatte dann noch zwei Einladungen, ansonsten Ebbe, Flaute, Zeit, mich um Alternativen zu kümmern. Plan B, wie Bioinformatik. Oder Plan B wie Bolles. Denn der beschreibt in seinem Buch genau das, was ich letzendlich gemacht habe: Herausfinden, was man will und sich durchfragen.

Im März war ich noch gut beschäftigt, habe ein Stallportal für unseren Wochenenddienst gebastelt, php und mySql gelernt und das fand ich toll. Aber jetzt ist das fertig und da fällt mir einfach die Decke auf den Kopf. Die Idee Weiterbildung keimt mal wieder auf (erst Informatik, Bio kann ich schon, aber da ist so viel bei, was mich nicht interessiert, oder Mathematik, schon besser, nur dass die reine rassige Mathematik mir zu trocken ist. Dann habe ich den Studiengang in Dortmund gefunden "Datenanalyse", oder "medizinische Informatik", Biometrie, DAS ist es, so die Richtung, die Stellen, die man damit bekommt gefallen mir schon sehr sehr gut. Ich will das auch können, was der K kann...

Die Idee gefällt mir ausgesprochen gut. Zu gut. Was gut und wichtig ist. Ein Plan B sollte immer in der Hinterhand sein nach Bolles.

Meine Berater melden sich plötzlich wieder. Nachdem sie mir Weihnachten noch mehr oder weniger zu verstehen gegeben haben, dass ich selber Schuld bin und eigentlich raus, wollten sie jetzt "mit geballter Beratungskraft zu Dritt überlegen können, was jetzt gut für Sie ist und was nicht. Wir wollen verhindern, dass Sie sich mit Ihrem Aktionismus möglicherweise verzetteln." Vielleicht hätte ich von meinen Überlegungen einfach nicht erzählen sollen.

Da kommt die erlösende Nachricht aus Bochum, mein Vertrag ist endlich fertig, ich brauche nur hinfahren, unterschreiben und anfangen. Hurra. Da freue ich mich doch. Klatsch in die Hände, das wird gut, das wird mein Ding.

Weiterbildung oder Promotion? Was jetzt, jetzt beschäftigt mich die Frage doch arg. Aus Trotz auf die Reaktion meines Beraters? Der Plan B ist gut. Beides war von Anfang an ein Thema. Letztendlich ist beides keine finale Lösung, aber Bochum die Bessere. Ich mag nicht mehr zu Hause sitzen, ich möchte wieder einen Platz haben wo ich hin gehöre, aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ausprobieren. Die Stelle entspricht schließlich dem, was ich mir am Meisten gewünscht habe, die klinische Praxis.

Nach dem Termin bin ich erstmal völlig aufgelöst und durcheinander. Der Verlust kommt jetzt raus, wurde auch Zeit. Da hilft nur Minchen, mein Fels in der Brandung, bleib cool, sei ein Norweger. Es geht mir gut. "Wer schwebt, fällt nicht. Doch selbst im Falle noch: bleibe bei Deinem Pferde. Bleibe wie der Vogel auf der unter ihm wegsinkenden Luft. So wirst Du dich besser empfangen finden als von der Erde, wo immer Du sie erreichst. Aber Dein Auge muß offen sein und Deine Sinne dürfen Dich nicht verlassen." Ich bleibe bei meinem Pferde, meinem Pony, SuperMinchen und bekomme wieder einen klaren Kopf. Bochum ist gut. Ich werde Promovieren und mich weiter bilden und meinen Weg gehen.

Also bin ich noch ausgeritten, an diesem Abend, ohne Sattel, wie ich das so sehr liebe, dabei soll ich das im Moment eigentlich garnicht, aber ich bin nur Schritt geritten, das wird der MickyMaus wohl nicht geschadet haben. Mit geschlossenen Augen fühle ich mich auf dem Pferd viel wohler, als auf einem Zettel, zumal Pferde im Dunkeln ja auch viel besser sehen, als Menschen. "Etwas" kommen da auch nicht, aber meine Gedanken kreisen natürlich um Bochum. Mit Bildern besser reiten nach Sally Swift, "Reiten aus der Körpfermitte", das funktioniert ziemlich gut, aber "irgendwas zulassen". Nein, das halte ich lieber unter Kontrolle. Die Reitvorschrift schwirrt durch meinen Kopf. "Reiten ist unaufhörliches Jasagen", "Vorwärts aber ist alles". Vorwärts aber ist Bochum. Ich sehe wieder klar.

Es ist interessant, dass der Berater gesagt hat, ich würde in Bochum meine Spuren hinterlassen, denn genau das habe ich auch gedacht, dass das bestimmt "Spuren gibt, mit Straßenschuhen auf einem weißen Blatt Papier".  Das allerdings ist mal wieder ein sehr realer Gedanke zu einer Harry Potter-Welt, aber auch das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.

"Dein Pferd weiß um Dich". Minchen schlägt die große Runde ein. Im schwindenden Tageslicht, an den Fischteichen vorüber, tief in Gedanken, ich habe noch nicht einmal eine Lampe mitgenommen.
Hilfe, ein Monster! Die Reifenspuren sind frisch, gehören wirklich nicht in den Wald. Die Muskeln angespannt, die Spur im Blick schlägt Minchen einen Bogen, klettert den Pfad hinauf in den Wald, hinaus auf das Feld, über die Höhen. Die Litze baumelt einsam im Wind, mehrere weiße Pfähle stehen dicht beisammen, da muß Minchen wieder schauen, neugierig tritt sie näher, stibitzt sich schnell vom grünen Gras, hey da, nichts da! Schlingel, so nicht. Den Bruchteil einer Sekunde nur unaufmerksam. "das Pferd errät Dich".
Die Obstbäume stehen schon in voller Blüte, strahlend weiß selbst in der dunklen Nacht.

Minchen hat die große Runde eingeschlagen. Als das Handy klingelt ist es kurz vor elf. So spät war ich schon lange nicht mehr unterwegs, daran werde ich mich jetzt wohl auch wieder gewöhnen müssen. Zum Glück bin ich gerade hier oben auf der Höhe, im Tal hätte ich keinen Empfang gehabt und Minchen genießt die Graspause. Da hat mein Chef mich glatt auf dem Pferd erwischt. Er hätte mich gerne wieder im Team, aber das ist halt noch sehr vage. Noch so eine vage Geschichte. Ich muß den selben Fehler ja nicht zweimal machen. Ich habe ihm gesagt, dass ich Bochum antreten werde.

Der Flieder verströmt seinen herrlichen Duft. Das Rosa der Wildkirsche vermischt sich mit dem weiss der Birne. Ein schwarzes Pferd nähert sich von rechts, ein Satz zur Seite, nichts passiert. Anabell ist groß geworden. Neugierig steckt das Friesenfohlen die Nase durch den Zaun. Freundlich beschnuppern die Stuten einander.

Kurzschlußhandlung, was meint er wohl damit? Ich habe Verantwortung. Oh, da schaut sie, da steht sonst der schwarze Retriever auf seinem Posten, das letzte Mal haben sie Bekanntschaft geschlossen, aber heute Nacht schläft er wohl schon.

Mein Mitbewohner hat nach seinem Jura-Staatsexamen gemeint, er müsse jetzt erstmal 6 Wochen auf dem Bau arbeiten, um wieder mit den Leute reden zu können. Das hat mich damals sehr beeindruckt.
Ich kann keine "Kurzschlußhandlung" darin entdecken, dass ich mich einmal entschieden habe, Post austragen zu gehen. Damit hatte ich wieder einen geregelten Tagesablauf, ich war wieder unter Menschen, ich hatte eine Aufgabe, ich durfte den ganzen Tag Fahrrad fahren, jeder freut sich, wenn die Post kommt und ich habe sogar mit den Stammzustellern mitgehalten. Dort habe ich gelernt, so effizient zu arbeiten und dann hat es ja auch mit den Bewerbungen wieder besser geklappt. Was auch immer ich eines Tages wieder für eine Stelle finden werde, sie muß attraktiver sein.
Bochum.

Uschi begrüßen, zärtlich beschnuppern sich die beiden Pferdedamen. Jill bettelt um Zuwendung. Mitternacht vorbei. Schön ist es hier oben. Eine richtig dufte Frühjahrsnacht.

Danke Minchen.

neue Stelle - hurra!
11. April 2011
Es ist vollbracht, ich habe heute meinen Arbeitsvertrag unterschrieben.
Montag gehts los.

Die Stelle ist gut, das Thema ist spannend, ich kann da noch Einiges lernen, ich darf meinen Lehrgang noch machen und ein Dr. schadet schließlich auch nicht. Ich habe da ziemlich viel Gestaltungsspielraum und werde meine Weg weiter gehen. Ich kann mich weiterbilden, wie mir das vorschwebt und bekomme das sogar als Promotionsstudium anerkannt.

Die Idee Weiterbildung gefiel mir zum Schluß so gut, vor allem, weil mir die Stellen, die man damit bekommt, sehr gefallen, aber das geht entweder erst zum WS los, oder ist Fernstudium und da sitze ich ja auch zu Hause. Ausserdem bekomme ich in Bochum ja beides unter einen Hut.

So, und jetzt will ich mich auf Bochum freuen. Bochum ist super :-)

Graógramán und der Weg der Wünsche - der Bogen zur großen Suche ... ->
>>Kann ich dich etwas fragen, Graógramán? [...]<<
>>Bist Du wirklich schon seit immer hier?<<
>>Seit immer<<, bestätigte Graograman.
[...]
Bastian dachte eine Weile nach. [...] >> Es ist so sonderbar<<, schloß er seinen Bericht, >>mir kommt irgendein Wunsch und dann passiert immer gleich etwas, das dazu paßt und den Wunsch erfüllt. [...] alles ist immer erst da, wenn ich mir was gewünscht habe.<<
>>Das kommt, weil Du AURYN, den Glanz trägst<<, sagte der Löwe.
>>Was ich nicht verstehe, ist etwas anderes<<, versuchte Bastian zu erklären. >>Ist das alles erst da, wenn ich mir was gewünscht habe? oDer war es vorher schon da und ich hab's nur irgendwie erraten?<<
>>Beides<<, sagte Graograman.
>>Aber wie kann das sein?<< rief Bastian fast ungeduldig.
[...] >>ich bin doch erst seit gestern nacht in Phantasien! Dann gibt es das alles doch nicht erst, seit ich hier bin!<<
>>Herr<<, antowrtete der Löwe ruhig, >>weißt du nicht, daß Phantasien das Reich der Geschichten ist? Eine Geschichte kann neu sein und doch von uralten Zeiten erzählen. Die Vergangenheit entsteht mir ihr.<<

[...]
Einmal, nachdem sie so getobt hatten, setzte sich Bastian etwas außer Atem hin und fragte:
>>Kann ich nicht für immer bei dir bleiben?<<
Der Löwe schüttelte die Mähne.
>>Nein, Herr.<<
>>Warum nicht?<<
>>Hier gibt es nur Leben und Tod, nur Perelin und Goab, aber keine Geschichte. Du mußt Deine Geschichte erleben. Du darfst nicht hier bleiben.<<
>>Aber ich kann doch nicht fort<<, meinte Bastian. >>Die Wüste ist viel zu groß, als daß irgendjemand aus ihr hinaus könnte. Und du kannst mich nicht bringen, weil du die Wüste mit dir trägst.<<
>>Die Wege Phantasiens<<, sagte Graograman, >>kannst du nur durch deine Wünsche finden. Und du kannst immer nur von einem Wunsch zum nächsten gehen. Was du nicht wünscht, ist für dich unerreichbar. Das bedeuten hier die Worte "nah" und "fern". Und er genügt auch nicht, nur von einem Ort fortgehen zu wollen, Du mußt zu einem anderen hinstreben. Du mußt dich von deinen Wünschen führen lassen.<<

[...]
>>und wenn ich ihn finde<<, fragte Bastian, >>wie werde ich dann von hier fortgehen können?<<
>>Höre, Herr<<, sprach Graograman leise, >>es gibt in Phantasien einen Ord, der überall hinführt und von überall her erreicht werden kann. Dieser Ort wird der Tausend Türen Tempel genannt. Niemand hat ihn je von außen gesehen, denn er hat kein Äußeres. Sein Inneres aber besteht aus einem Irrgarten von Türen. Wer ihn kennen lernen will, der muß sich hineinwagen.<<
>>Jede Tür<<, fuhr der Löwe fort, >>jede Tür in ganz Phantasien, sogar eine ganz gewöhnliche Stall- oder Küchentür, ja, sogar eine Schranktür kann in einem ganz bestimmten Augenblick zur Eingangspforte in den Tausend Türen Tempel werden. Ist der Augenblick vorüber, so ist sie wieder, was sie vorher war. Darum kann niemand je zum zweiten Mal durch dieselbe Tür gehen. Und keine der tausend Türen führt dorthin zurück, wo man herkam. Es gibt keine Rückkehr.<<
>>Aber wenn man einmal drin ist<<, fragte Bastina, >>kann man denn irgendwo wieder hinaus?<<
>>Ja<<, antwortete der Löwe, >>doch ist es nicht ganz so einfach wie bei gewöhnlichen Gebäuden. Denn durch den Irrgarten der tausend Türen kann dich nur ein wirklicher Wunsch führen. Wer den nicht hat, der muß solange darin herumirren, bis er weiß, was er sich wünscht. Und das dauert manchmal sehr lang.<<
>>Und wie kann man die Eingangspforte finden?<<
>>Man muß es sich wünschen.<<
Bastian dachte lange nach, dann sagte er:
>>Sonderbar, daß man nicht einfach wünschen kann, was man will. Wo kommen die Wünsche in uns eigentlich her? Und was ist das überhaupt, ein Wunsch?<<
Graograman blickte den Junden groß an, antwortete aber nicht.


Wiederum einigen Tage später hatten sie noch einmal ein sehr wichtiges Gespräch.
Bastian hatte dem Löwen die Inschrift auf der Rückseite des Kleinodes gezeigt. >>Was mag das bedeuten?<< fragte er. >>TU WAS DU WILLST, das bedeutet doch, daß ich alles tun darf, wozu ich Lust habe, meinst du nicht?<<
Graogramans Gesicht sah plötzlich erschreckend erst aus, und seine Augen begannen zu glühen.
>>Nein<<, sagte er mit jener tiefen, grollenden Stimme, >>es heißt, daß du deinen Wahren Willen tun sollst. Und nichts ist schwerer.<<
>>Meinen Wahren Willen?<< wiederholte Bastian beeindruckt. >>Was ist denn das?<<
>>Es ist dein eigenes tiefes Geheimnis, das du nicht kennst.<<
>>Wie kann ich es denn herausfinden?<<
>>Indem du den Weg der Wünsche gehst, von einem zum anderen und bis zum letzten. Der wird dich zu deinem Wahren Willen führen.<<
>>Das kommt mir eigentlich nicht so schwer vor<<, meinte Bastian.
>>Es ist von allen Wegen der gefährlichste<<, sagte der Löwe.
>>Warum?<< fragte Bastian, >>ich hab' keine Angst.<<
>>Darum geht es nicht<<, grollte Graograman, >>er erfordert höchste Wahrhaftigkeit und Aufmerksamkeit, denn auf keinem anderen Weg ist es so leicht, sich endgültig zu verirren.<<

[...]

Bastian dachte viel in den darauffolgenden Tagen über das nach, was der Bunde Tod ihm gesagt hatte. Doch manche Dinge kann man nicht durch Nachdenken ergründen, man muß sie erfahren. Und so kam es, daß er erst viel später, nachdem er vieles erlebt hatte, an Graogramans Worte zurückdachte und si ezu verstehen begann.
[...]
Und da es nun nichts mehr gab, wovor er sich fürchtete, begann unmerklich zunächst, dann immer deutlicher, ein neuer Wunsch in ihm Gestalt anzunehmen. Er wollte nicht länger allein sein. Auch mit dem Bunten Tod war er ja doch in gewissen Sinne allein. Er wollte seine Fähigkeiten vor anderen zeigen, er wollte bewundert werden und Ruhm erwerben.

[...]
Und plötzlich wußte er, was er sich wünschte: Atréju!

Ich muß meinen Weg der Wünsche finden. Zu mir Selbst. In Bochum.

designed by  igramul