Da war es plötzlich aus, mit der "Stelle in Aussicht" und
ich
wieder an der Bewerberfront. Nur ist es diesmal nicht so gut
gelaufen
oder ich bin einfach zu ungeduldig. Hatte ein
Vorstellungsgespräch
für eine Stelle, die mir wirklich gut gefallen hätte,
aber
sie wollen jemand anderen lieber, hatte dann noch zwei
Einladungen,
ansonsten Ebbe, Flaute, Zeit, mich um Alternativen zu
kümmern.
Plan B, wie Bioinformatik. Oder Plan B wie Bolles. Denn der
beschreibt in seinem Buch genau das, was ich letzendlich gemacht
habe: Herausfinden, was man will und sich durchfragen.
Im März war ich noch gut beschäftigt, habe ein
Stallportal
für unseren Wochenenddienst gebastelt, php und mySql
gelernt und
das fand ich toll. Aber jetzt ist das fertig und da fällt
mir
einfach die Decke auf den Kopf. Die Idee Weiterbildung
keimt mal wieder auf (erst Informatik, Bio kann ich schon, aber
da ist so viel
bei, was
mich nicht interessiert, oder Mathematik, schon besser, nur dass
die
reine rassige Mathematik mir zu trocken ist. Dann habe ich
den Studiengang
in Dortmund gefunden "Datenanalyse", oder "medizinische
Informatik",
Biometrie, DAS ist es, so die Richtung, die Stellen, die man
damit
bekommt gefallen mir schon sehr sehr gut. Ich will das auch
können, was der K kann...
Die Idee gefällt mir ausgesprochen
gut. Zu
gut. Was gut und wichtig ist. Ein Plan B sollte immer in
der Hinterhand sein nach Bolles.
Meine Berater melden sich plötzlich wieder. Nachdem
sie mir Weihnachten noch mehr oder weniger zu verstehen
gegeben haben, dass ich selber Schuld bin und eigentlich
raus, wollten sie jetzt "mit
geballter Beratungskraft zu Dritt überlegen
können, was jetzt
gut
für Sie ist und was nicht. Wir wollen verhindern,
dass Sie sich
mit
Ihrem Aktionismus möglicherweise verzetteln."
Vielleicht
hätte ich von meinen Überlegungen einfach
nicht erzählen
sollen.
Da kommt die erlösende Nachricht aus Bochum, mein
Vertrag ist
endlich fertig, ich brauche nur hinfahren,
unterschreiben und anfangen. Hurra. Da freue ich mich
doch. Klatsch in die Hände, das wird gut, das wird
mein Ding.
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Weiterbildung oder Promotion? Was jetzt, jetzt beschäftigt
mich
die Frage doch arg. Aus Trotz auf die Reaktion meines Beraters?
Der Plan B ist gut. Beides war von Anfang an ein Thema.
Letztendlich ist beides keine finale Lösung,
aber Bochum die Bessere. Ich mag nicht mehr zu Hause sitzen, ich
möchte wieder einen Platz haben wo ich hin gehöre,
aber das
ist eine
andere Geschichte, die ein
anderes
Mal erzählt werden soll. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Ausprobieren. Die Stelle entspricht schließlich dem, was
ich mir am Meisten gewünscht habe, die klinische Praxis.
Nach dem Termin bin ich erstmal völlig aufgelöst und
durcheinander. Der Verlust kommt jetzt raus, wurde auch Zeit. Da
hilft
nur Minchen, mein Fels in der Brandung, bleib cool, sei ein
Norweger.
Es geht mir gut.
"Wer schwebt, fällt nicht. Doch selbst
im
Falle noch: bleibe bei Deinem Pferde. Bleibe wie der Vogel auf
der
unter ihm wegsinkenden Luft. So wirst Du dich besser empfangen
finden
als von der Erde, wo immer Du sie erreichst. Aber Dein Auge
muß
offen sein und Deine Sinne dürfen Dich nicht verlassen."
Ich
bleibe bei meinem Pferde, meinem Pony, SuperMinchen und bekomme
wieder
einen klaren Kopf. Bochum ist gut. Ich werde Promovieren und
mich weiter bilden und meinen Weg gehen.
Also bin ich noch ausgeritten, an diesem Abend, ohne Sattel, wie
ich
das so sehr liebe, dabei soll ich das im Moment eigentlich
garnicht,
aber ich bin nur Schritt geritten, das wird der MickyMaus wohl
nicht
geschadet haben. Mit geschlossenen Augen fühle ich mich auf
dem
Pferd viel wohler, als auf einem Zettel, zumal Pferde im Dunkeln
ja auch viel besser sehen, als Menschen. "Etwas" kommen da auch
nicht,
aber meine Gedanken kreisen natürlich um Bochum. Mit
Bildern
besser reiten nach Sally Swift, "Reiten aus der
Körpfermitte", das
funktioniert ziemlich gut, aber "irgendwas zulassen". Nein, das
halte
ich lieber unter Kontrolle.
Die Reitvorschrift schwirrt durch meinen Kopf. "
Reiten ist
unaufhörliches Jasagen", "
Vorwärts aber ist
alles".
Vorwärts aber ist Bochum. Ich sehe wieder klar.
Es ist interessant, dass der Berater gesagt hat, ich würde
in
Bochum meine Spuren hinterlassen, denn genau das habe ich auch
gedacht,
dass das bestimmt "Spuren gibt, mit Straßenschuhen auf
einem
weißen Blatt Papier".
Das allerdings ist mal wieder ein sehr realer Gedanke zu einer
Harry
Potter-Welt, aber auch das ist eine
andere
Geschichte,
die ein anderes Mal erzählt werden soll.
"
Dein Pferd weiß um Dich". Minchen schlägt die
große Runde ein. Im schwindenden Tageslicht, an den
Fischteichen
vorüber, tief in Gedanken, ich habe noch nicht einmal eine
Lampe
mitgenommen.
Hilfe, ein Monster! Die Reifenspuren sind frisch, gehören
wirklich
nicht in den Wald. Die Muskeln angespannt, die Spur im Blick
schlägt Minchen einen Bogen, klettert den Pfad hinauf in
den Wald,
hinaus auf das Feld, über die Höhen. Die Litze baumelt
einsam
im Wind, mehrere weiße Pfähle stehen dicht beisammen,
da
muß Minchen wieder schauen, neugierig tritt sie
näher,
stibitzt sich schnell vom grünen Gras, hey da, nichts da!
Schlingel, so nicht. Den Bruchteil einer Sekunde nur
unaufmerksam. "
das
Pferd errät Dich".
Die Obstbäume stehen schon in voller Blüte, strahlend
weiß selbst in der dunklen Nacht.
Minchen hat die große Runde eingeschlagen. Als das Handy
klingelt
ist es kurz vor elf. So spät war ich schon lange nicht mehr
unterwegs, daran werde ich mich jetzt wohl auch wieder
gewöhnen
müssen. Zum Glück bin ich gerade hier oben auf der
Höhe,
im Tal hätte ich keinen Empfang gehabt und Minchen
genießt
die Graspause. Da hat mein Chef mich glatt auf dem Pferd
erwischt. Er
hätte mich gerne wieder im Team, aber das ist halt noch
sehr vage.
Noch
so eine vage Geschichte. Ich muß den selben Fehler ja
nicht
zweimal machen. Ich
habe ihm gesagt, dass ich Bochum antreten werde.
Der Flieder verströmt seinen herrlichen Duft. Das Rosa der
Wildkirsche vermischt sich mit dem weiss der Birne. Ein
schwarzes Pferd
nähert sich von rechts, ein Satz zur Seite,
nichts passiert. Anabell ist groß geworden. Neugierig
steckt das
Friesenfohlen die Nase durch den Zaun. Freundlich beschnuppern
die
Stuten einander.
Kurzschlußhandlung, was meint er wohl damit? Ich habe
Verantwortung. Oh, da schaut sie, da steht sonst der schwarze
Retriever
auf seinem Posten, das letzte Mal haben sie Bekanntschaft
geschlossen, aber heute Nacht schläft er wohl schon.
Mein Mitbewohner hat nach seinem Jura-Staatsexamen gemeint, er
müsse jetzt erstmal 6 Wochen auf dem Bau arbeiten, um
wieder mit
den Leute reden zu können. Das hat mich damals sehr
beeindruckt.
Ich kann keine "Kurzschlußhandlung" darin entdecken, dass
ich
mich einmal entschieden habe, Post austragen zu gehen. Damit
hatte ich
wieder einen geregelten Tagesablauf, ich war wieder unter
Menschen, ich
hatte eine Aufgabe, ich durfte den ganzen Tag Fahrrad fahren,
jeder
freut sich, wenn die Post kommt und ich habe sogar mit den
Stammzustellern mitgehalten. Dort habe ich gelernt, so effizient
zu
arbeiten und dann hat es ja auch mit den Bewerbungen wieder
besser
geklappt. Was auch immer ich eines Tages wieder für eine
Stelle
finden werde, sie muß attraktiver sein.
Bochum.