In der unendlichen Geschichte wird Ygramul mit Y geschrieben, ich
habe
den Namen leicht abgewandelt, weil ich erstens hoffe, kein Monster zu
sein,
zweitens mein irl Name mit I beginnt und drittens Ygramul schon besetzt
war...
übrigens...
Ygramul ist eine Sie. Und sie ist eben nicht nur ein Ungeheuer. Denn
ohne ihr Gift wäre Atreju niemals zum südlichen Orakel
gekommen, hätte seine Verfolger nicht abschütteln können
und hätte Fuchur nicht zum treuen Kameraden gewonnen ...
Michael Ende schreibt zu Ygramul, die Viele (die im Land der toten
Berge
haust)
Es gab keinen Zweifel mehr: das Land, in dem er sich verirrt hatte,
waren die Toten Berge. Nur wenige hatten sie je erblickt, und kaum
einer
war aus ihnen zurückgekehrt. Aber in den Sagen, die man sich in
Atrejus
Volk erzählte, war von ihnen die Rede. Er erinnerte sich an die
Strophe
eines alten Liedes:
Besser ist es jedem Jäger
in den Sümpfen [der Traurigkeit] umzukommen,
denn im Land der Toten Berge
gibt es jenen Tiefen Abgrund,
dort haust Ygramul, die Viele
der entsetzlichste der Schrecken...
[...]
Der Augenblick war gekommen, wo Atreju wiklich nicht mehr
weiterkonnte.
Vor ihm gähnte der Tiefe Abgrund. Die großartige
Schauerlichkeit
des Anblicks läßt sich mit Worten nicht beschreiben. Quer
durch
das Land der Toten Berge klaffte die Erde in einem Riß, der etwa
eine halbe Meile breit sein mochte. Seine Tiefe war nicht zu erkennen.
[...] Und dann tat er das einzige, was ihm zu tun übrigblieb:
Er
begann am Rande des Tiefen Abgrundes entlang zu wandern. Dabei war er
jeden Augenblick gegenwärtig, jenem "entsetzlichsten der
Schrecken" zu begegnen, von dem das alte Lied erzählte. Er
wußte nicht, um was für eine Art von Geschöpf es sich
handeln mochte, er wußte nur, daß sein Name Ygramul lautete.
[...]
Als er gerade in einer engen Höhle steckte, die wie eine
gewundene
Röhre durch das Felsenmassiv führte, hörte er
plötzlich
ein Getöse, das er sich nicht erklären konnte, denn er hatte
keine Ähnlichkeit mit irgendeinem anderen Lärm, den er je
vernommen
hatte. Es war ein Brausen und Brüllen und Klirren, und zugleich
fühlte
Atreju, wie der ganze Felsen, in dem er steckte, bebte, und er vernahm
das Krachen von Steinblöcken, die draußen polternd von den
Bergwänden
stürzten. Eine Weile wartete er, ob das Erdbeben - oder was immer
es sein mochte - nachlassen würde, als es jedoch anhielt, kroch er
weiter, erreichte schließlich den Ausgang und streckte vorsichtig
den Kopf hinaus.
Und nun sah er: Über der Finsternis des Tiefen Abgrundes, von
einem Rand zum anderen gespannt, hing ein ungeheures Spinnennetz. Und
in
den klebrigen Fäden dieses Netztes, die dick wie Seile waren, wand
sich ein großer weißer Glücksdrache, schug mit dem
Schwanz
und Klauen um sich und verstrickte sich doch nur immer rettungsloser.
[...]
Das herrliche Tier blutete aus vielen Wunden, denn da war noch etwas
anderes, etwas Riesiges, das sich immer von neuem blitzschnell
über
den weißen Drachenleib stürzte wie eine dunkle Wolke, die
ununterbrochen
ihre Gestalt änderte. Bald glich sie einer Riesenspinne mit langen
Beinen, vielen glühenden Augen und einem dicken Körper, der
mit
einem schwarzen, verfilzten Haargestrüpp bedeckt war, dann wurde
sie
zu einer einzigen großen Hand mit langen Klauen, die den
Glücksdrachen
zu zerquetschen suchte, und im nächsten Augenblick verwandelte sie
sich in einen schwarzen Riesenskorpion, der mit seinem Giftstachel nach
seinem unglücklichen Opfer schlug.
[...]
Einmal gelang es dem Glücksdrachen sogar, seinem Gegner
eines
seiner langen Beine abzubeißen. Doch das abgetrennte Glied fiel
nicht
etwa in die Tiefe des Abgrundes, sondern bewegte sich einen Augenblick
allein in der Luft und kehrte dann an seinen vorigen Platz zurück
und vereinigte sich wieder mit dem dunklen Wolkenkörper. Und so
geschah
es immer wieder, der Drache schien ins Leere zu beißen, sobald er
eines der Glieder mit seinen Zähnen fassen konnte.
Nun erst bemerkte Atreju, was ihm bisher entgangen war: Dieses ganze
grausige Geschöpf bestand garnicht aus einem einzigen, festen
Körper,
sondern aus unzähligen kleinen stahlblauen Insekten, die wie
zornige
Hornissen summten und im dichten Schwarm immer neue Gestalten bildeten.
Es war Ygramul, und nun wußte Atreju auch, warum sie >die
Viele<
genannt wurde.
[...]
Ygramul fühlte plötzlich, daß sich ihr etwas
näherte.
Sie fuhr blitzschnell herum, und ihr Anblick war entsetzlich: Sie war
jetzt
nur noch ein riesenhaftes stahlblaues Gesicht mit einem einzigen Auge
über
der Nasenwurzel, das mit einer senkrechten Pupille voll unvorstellbarer
Bosheit auf Atreju starrte.
[...]
Und nun hörte Atreju auch Ygramuls Stimme. Es war eine sehr
hohe
und etwas heisere Stimme, die ganz und gar nicht zu ihrem Riesengesicht
passen wollte. Auch bewegte sie den Mund nicht beim Sprechen. Es war
das
Surren eines riesigen Hornissenschwarms, das sich zu Worten formte:
>Ein
Zweibein!< hörte Atreju, >nach so langer, langer Zeit des
Hungerns
gleich zwei Leckerbissen! Was für ein Glückstag für
Ygramul!<
Atreju mußte alle Kraft zusammennehmen. Er hielt den "Glanz" vor
das einzige Auge des Ungeheuers und fragte:
>Kennt ihr dieses Zeichen?<
>Komm näher, Zweibein!< surrte der vielstimmige Chor.
>Ygramul
sieht nicht gut.<
Atreju trat einen Schritt weiter auf das Gesicht zu. Es öffnete
jetzt den Mund. Anstelle der Zunge hatte es zahllose flimmernde
Fühler,
Zangen und Greifer.
>Noch näher!< summte der Schwarm.
Noch einmal tat er einen Schritt und stand nun so nahe vor dem Gesicht,
daß er deutlich die zahllosen stahlblauen Einzelwesen sehen
konnte,
die wie wild durcheinander wirbelten. Und doch blieb das schreckliche
Gesicht
im ganzen reglos.
[Atreju fordert den Glücksdrachen von Ygramul]
Aus dem wirbelnden Schwarm, der das Gesicht bildete, war etwas zu
hören,
was ein vielstimmiges Kichern sein konnte.
[...]
>Außerdem<, fuhr das Gesicht fort, ohne sich zu regen,
>ist
Ygramuls Gift im Körper des Drachen. Ihm bleibt höchstens
noch
ein Stündchen zu leben.<
>Dann<, murmelte Atreju, >gibt es keine Hoffnung mehr, nicht
für
ihn, nicht für mich und auch nicht für Euch, Ygramul.<
>Nun<, summte die Stimme, >Ygramul würde zumindest noch
einmal
gut gespeist haben. Aber noch ist nicht gesagt, daß es wirklich
Ygramuls
letzte Mahlzeit ist. Sie wüßte noch ein Mittel, dich im
Handumdrehen
zum südlichen Orakel zu befördern. Nur, ob es dir
gefällt,
Atreju Zweibein, das ist die Frage.<
>Wovon sprecht ihr?<
>Es ist Ygramuls Geheimnis. Auch Geschöpfe des Abgrundes haben
ihre Geheimnisse, Atreju Zweibein. Ygramul hat es niemals bisher
preisgegeben.
Und auch du mußt schwören, daß du es niemals verraten
wirst. Denn es wäre zu Ygramuls Schaden, oh, sehr zu Ygramuls
Schaden,
wenn es bekannt würde.<
>Ich schwöre es. Redet!<
Das stahlblaue Riesengesicht neigte sich ein wenig vor und summte kaum
hörbar:
>Du mußt dich von Ygramul beißen lassen.<
Atreju fuhr entsetzt zurück.
>Ygramuls Gift<, fuhr die Stimme fort, >tötet innerhalb
einer
Stunde, aber es verleiht dem, der es in sich trägt, zugleich die
Macht,
sich an jeden Ort Phantasiens zu versetzten, den er wünscht. Denk
dir nur, wenn das bekannt würde! Alle Opfer würden Ygramul
entwischen!<
>Eine Stunde?< rief Atreju, >aber was kann ich denn in einer
einzigen
Stunde ausrichten?<
>Nun -< summte der Schwarm, >es ist immerhin mehr als alle
Stunden,
die dir hier noch verbleiben. Entscheide du!<
Atreju kämpfte mit sich.
[...]
Es richtete sich auf und sagte: >Tu, was du vorgeschlagen
hast!<
Blitzschnell fiel die stahlblaue Wolke über ihn her und
umhüllte
ihn von allen Seiten. Er fühlte einen rasenden Schmerz in der
linken
Schulter und dachte nur noch: Zum Südlichen Orakel! Dann wurde ihm
schwarz vor Augen.
so, nun wisst ihr, wer Ygramul/Igramul ist.
Noch mehr Hintergrund gibt es über die unendliche Geschichte oder vergnügt Euch an meinen Geschichten in Amarganth....