Münstermaifeld KDR

Wasser, Gras und Anstiege
Das Auto kommt frisch aus der Werkstatt, generalüberholt sozusagen und neue Reifen hat es auch bekommen. Es schlingert ein wenig auf der Autobahn, hoppla, ob es doch was hat? Aber nein, ein Blätterschwarm weht quer über die Fahrbahn und von Unwetter haben sie auch was gesagt. Findet der Ritt überhaupt statt, wenn überall die Bäume quer liegen? *grübel. Wir lassen die schwarze Wand in Leverkusen und haben auf der Hinfahrt Ultraglück mit den Unwettern, wir sind immer so am Rand entlang gefahren, kurz hinter uns sind zwei Bäume auf die Autobahn gefallen und kurz vor unserer Ankunft hat es im Camp heftig gehagelt. Wenn das mal gutgeht.
Die Ankunft war etwas stressig, Einfahrt zum Camp? - großes Fragezeichen. Die Checkkarten sind nicht ausgefüllt, die Karten nicht gezeichnet und das Camp überfüllt. Aber es gibt eine Wegebeschreibung, auf die ich erstmal die Notrufnummern notiere. Es gab zwar noch Platz im Camp, aber da wollten andere am nächsten Morgen satteln und waren nicht bereit, zu rücken. Wir haben dann in den Brennnesseln geparkt, 2 cm nach rechts und links, donnerwetter, so genau habe ich noch nie eingeparkt. Danke den freundlichen Helfern! Schnell Paddock abstecken, Äppel aus dem Hänger fegen, darüber ist die Dunkelheit hereingebrochen. Zu allem Überfluß hat Roegwin sich noch eine Strohstrippe unter das Eisen gezogen, aber der Tierarzt hat es mit Humor genommen. Aufbauen im Dunkeln, Abendessen gestrichen.

Prompt ist Roegwin der Meinung, daß unser verwinkeltes Paddockchen zu klein für zwei Pferde ist. Also schnell noch eine Querlitze gespannt und ab in die Falle. In der Nacht geht ein kräftiger Schauer nieder, ansonsten ist das Wetter gut, fast zu warm.

Es ist ein Kartenritt. Der Start war dann ganz ok, aber die ersten 2 km fehlen in der Karte. Wir haben zwei Mitreiter dabei, die hinter anderen Reitern herdüsen, bis ich sie darauf aufmerksam mache, daß wir die Sonne eigentlich im Rücken haben müsten und nicht von vorne... Wir sind in einer völlig falschen Richtung unterwegs! Laune am Gefrierpunkt, irgendwie finden wir aber doch noch auf die Strecke, mit Hilfe der Wegebeschreibung und der nächsten Gruppe gelangen wir auf den richtigen Pfad, aber der Umweg hat uns gute 20 Minuten Zeit gekostet. Minchen gibt nun das Tempo an über das sanft hügelige Maifeld durch hüfthohes Gras pflügen unsere Ponies. Das ist echt schön. Die 2te Gruppe schließt sich uns an, nun sind wir 7 Reiter, das ist Streß pur. Roegwin schießt auch gleich davon, durchgegangen. Bald schon erreichen wir den ersten Kontrollposten, dort vorbei geht es hinunter ins Elztal. Hier gibt es hin und wieder winzige Hilfsmarkierungen aus Kreppband. Mehrfach müssen wir den Elzbach durchqueren. 7-8 Bachdurchquerungen hatte ich mir vorher sagen lassen. Dieser Fluß reicht unseren Ponies bis zum Bauch, das hält auf und es schmeckt offensichtlich nicht. Die Pferde planschen nur oder streben zügig weiter. Die Matschelöcher zwischendurch sind stellenweise auch nicht ohne, der tiefe Schlamm drosselt unser Tempo zusätzlich. Unter der Brücke stehen die Kontrolleure, Minchen 64, Roegwin 76, nagut, Minchen, da hast Du 5 Minuten Pause. In der PA Kontrolle können wir die andere Gruppe abhängen. zum Glück, da waren wir nur noch 3 Reiter, das ist doch viel angenehmer, Nummer 4 war schon weitergeritten, aber wir haben sie bald eingeholt. Nach der 15 "Bachdurchquerung" führt ein steiler Anstieg hinauf in die Voreifel. Hier protestiert Minchen, Berge sind die Pest für sie, also steige ich ab und führe. Mühsam erklettert sie die Höhe. Noch 3 km über die "Ebene" mit einem Kontrollpunkt ("Fury") und wir sind am Ziel, bzw. in der Pause. 30 Minuten. Niemand fragt uns nach der Lösung. 20 km liegen hinter uns, 20 km liegen vor uns. Wir sind an der Schwanenmühle, eine schöne Wiese, der Wind weht ordentlich, die Sonne scheint, es gibt belegte Brötchen aber kein Wasser für die Pferde. Wir liegen knapp mit der Zeit, zurück müssen wir auf jeden Fall schneller sein.

Zurück Marsch marsch. Die Zeit wird eng, wir müssen uns tüchtig sputen, kein Verreiten mehr und etwas schneller, als auf dem Hinweg bitte. Dann wird es noch so gerade passen. Wieder tauchen wir ein in den schattigen Wald des Flußtales. Diesmal werden auch ein paar Schlucke des Wassers getrunken. Unser Aquatraining in der Wupper hatte doch seinen Sinn - nur schneller werden wir nicht.
Irgendwie haben wir es auch auf dem Rückweg geschafft, uns zu verreiten. Zwei Reiter der 80 km Strecke überholen und galoppieren einen Berg völlig unnötig hoch, obwohl ich schon unten gesagt habe, daß wir da niemals runter gekommen sind, aber auf mich hört ja keiner... aber es hat Minchen unheimlich Kraft gekostet. Minchen hat keinen Sinn für Tempo auf steilen Anstiegen oder einen Herzfehler oder einfach den besseren Orientierungssinn. Jedenfalls bleibt sie einfach stehen. Klong, zieht Roegwin sich ein Eisen aus. Aber es geht auch ohne im Dreitakt. Paketklebeband verhindert ein Ausbrechen des Hufes, das haben wir nächstes Mal bestimmt dabei. Hm, hier auf der Straße waren wir aber auch nicht, der Posten war unter der Brücke. Zurück und schnell wieder auf den richtigen Weg. Auf dem Rückweg gibt es keine Kontrollen mehr.
Der Ausstieg aus dem Tal wird mühsam und gibt Minchen den Rest, oben angekommen mag sie einfach nicht mehr laufen, schweißüberströmt... noch 8 km und eine Stunde Zeit, das ist zu schaffen... auf, Endspurt! Ich treibe sie heftig an und sie reagiert ebenso heftig mit Protest. Es hilft nichts. Weit reicht der Blick über das Maifeld, die anderen Reiter entschwinden in der Ferne. Nun sind wir nur noch zu Zweit.
Minchen wirkt abgekämpft, schweißgebadet trotz des starken Windes. Sie muß mal - kann aber nicht. Aufgeben? Zu Zweit und auf 7 Eisen...Ulrika und ich haben dann mehr oder weniger aufgegeben, sind ein Stück spaziert und haben grasen lassen (man hat ja immer Hoffnung, vielleicht ist es nur der Hunger....) vielleicht geht es dann wieder. Noch 50 Minuten, das wird eng. Noch 40 Minuten. Tapfer kämpft Minchen sich vorwärts. Noch 3 Minuten und 3 km, da läuft es nicht mehr, lassen wir es gut sein. Bringen wir lieber unsere Pferdchen heil und gesund nach Hause. Den Rest gehen wir zu Fuß. Ich lockere den Sattelgurt, lasse die Decke über die Kruppe. Rechts oder Links, hier verlassen wir die Karte. Meinem Gefühl sagt nach links, aber Roegwin strebt nach rechts. Tatsächlich, das ist der Weg, den wir gekommen sind. Da kommt das Camp in Sicht. Minchen fällt fast vom Glauben ab, als wir am Hänger vorbei maschieren, aber das Ziel ist nun mal auf der anderen Seite. Uff, geschafft. Anstrengend. Nach 5 Stunden und 48 Minuten sind wir im Ziel, Puls 76, nein, meinem Pony geht es nicht gut.
Nun endlich darf sie sich erholen, das angebotene Wasser wird in einem Zug geleert. 15 Liter. Absatteln, Waschen, eindecken. Nocheinmal stapfen wir den Weg durch das ganze Camp zur Pulsmessung. 64, so gerade. Leckerchen gefällig? FRAGEZEICHEN. Ja, doch, vielleicht.
Zurück lasse ich sie grasen und verschaufen. Na endlich, da strahlt sie. Nun kann man zusehen, wie Minchen regeneriert. Interessiert beobachtet sie mich, verfolgt aufmerksam jede meiner Bewegungen. Ein halber Apfel fällt für sie ab und ein Brötchen, das aber nicht geteilt wird!
Zwei Stunden dösen wir alle vor uns hin. Die Nachuntersuchung verläuft ohne Beanstandungen, sogar Roegwin läuft klar auf seinen drei Eisen. Wir wären in der Wertung, WÄREN.
21 Starter auf der 40 km Strecke, offiziell nur 11 Reiter in der Wertung, 7 raus wegen Zeitüberschreitung. Wie kann man für 40 km so lange brauchen? Blöde Frage.

Ein superschöner Ritt, landschaftlich reizvoll, als Ralley bestimmt total schön, aber für kurze Ponybeine auch sehr anstrengend. Enttäuscht? Nö, eigentlich nicht. Minchen hat so tapfer gekämpft. Zu Hause hat sie den halben Salzleckstein weggeleckt, aber Sonntag ist sie wieder richtig schön glaufen, flott, geschmeidig... wir haben einen "Dressurausritt" gemacht, einen Ausritt mit gymnastischen Übungen. Von den Strapazen des Vortages ist ihr nichts anzumerken, bestens. Superminchen. Ich habe ein ganz wenig Muskelkater und Berge reiten wir nur noch im Schritt hoch. Minchen war ganz schön am Ende, aber Roegwin könnte wohl problemlos auch 60 oder 80 km laufen...

 
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