Minchen in LA

zweiter Versuch, St. Martina in Leverkusen Alkenrath
9. November 2005

Wie letztes Jahr, frug mich der städtische Kindergarten in Alkenrath, ob ich bei ihrem Martinszug mit meinem Pony Teimina den St. Martin spielen würde. Da wir letztes Jahr nicht wenig Spaß an der Sache hatten, sagte ich zu. Flugs schneiderte ich ein Martinskostüm für Minchen, ich selber bekam Mantel und Helm gestellt. Dieses Jahr blieb es trocken und es herrschten angenehme Termperaturen um 15°C. Auch hatte ich diesmal vorgesorgt, daß das Pferd mehr in der Mitte vom Zug geht, damit vorne eine Gruppe das Tempo begrenzt, und daß am Feuer mehr Platz für den Weg des Pferdes bleibt.


Früher als gewohnt bin ich am Stall, Minchen bekommt einen Berg Heu für ihren immerwährenden Heißhunger, pünktlich ist alles startklar.
Nach kurzen Zögern steigt Minchen in den Anhänger. Neugierig schaut sie sich in Alkenrath um, da kommen auch schon die ersten neugierigen Kinder, so wie der pferdenärrische Herr mit dem obligatorischen Apfel. Umringt von vielen streichelnden Kinderhänden steht Minchen wie angewurzelt. Das kennt sie von früher von der Jugendherberge, da ist sie supercool.
Da fällt auch schon den ersten Kinder auf, daß ich garnicht der echte St. Martin bin - logisch, der ist ja schon seit über 1200 Jahren tot... sondern eine heilige St. Martina! Mit der Feststellung sinkt die Ehrfurcht, der Begeisterung für das echte plüschweiche Pferd tut das aber keinen Abbruch.
Das Rittergeschirr paßt und hält. Dieses Jahr mag Minchen keine flotten Runden um den Markplatz drehen, gelassen döst sie, bis wir mit unserer Rolle dran sind.

Da kommen die ersten Laternen aus der Kirche gebummelt. Eine Gruppe mit Kindern setzt sich an die Spitze des Zuges, wir reiten hinterher. Das war eine gute Idee, Minchen erkennt gleich, daß wir dazu gehören, sie paßt ihr Tempo von sich aus den kurzen Kinderbeinchen an. Letztes Jahr fühlte sie sich wohl von der Masse hinter ihr gedrängt, von den überholenden Kindern angespornt und von der freien Fläche vor ihr magisch angezogen. Diese Jahr kurvt sie nur mit ein paar Schlangenlinien um die diversen Gullideckel herum, beäugt mißtrauisch eine Metalschiene am Straßenrand, verwirft sich auch schon mal im Genick, um dem bremsenden Zügel zu entgehen, aber im Großen und Ganzen hat sie ihre Rolle begriffen. Sie hält Abstand zur Vorhut, die Gruppe hinter uns folgt dicht gedrängt. Sogar die Blaskapelle hat noch Pußte für ein paar schöne Martinslieder.

So ziehen wir mitten in der Masse durch die Gassen von Alkenrath. Die Vorgärten sind wieder hübsch mit Laternen und Kürbissen dekoriert, aus dem ein oder anderen Hauseingang flammt auch schon mal ein Kamerablitz auf. Wir bekommen viele liebe Kommentare zu hören, das macht mich natürlich besonders stolz auf mein Pony und auch froh.
Hinter der Brücke prasselt schon ein großes Martinsfeuer. Schnell, bevor die Leute zu dicht ans Feuer heranrücken, zeige ich Minchen den Weg durch die Wiese zu dem knackenden und krachendem glühenden Ungetüm. Kaum haben wir das Feuer passiert, vor uns freies Feld, möchte Minchen am liebsten Reißaus nehmen. Aber sie ist ja ein vernünftiges Pony. Der Zug formiert sich U-förmig um das Feuer herum, für uns und die Kapelle bleibt genügend freier Raum. Minchen legt versuchsweise den Rückwärtsgang ein, ihr Protest ist aber nicht sehr ernst gemeint. Dieses Jahr ist es deutlich wärmer, die Wiese ist trittfest, kein Schneematsch weit und breit. Zwischen Feuer und Menschenmenge liegt eine breite Gasse, breit genug eigentlich, um den gewünschten Ritt ("wenn es geht") um das Feuer herum zu wagen.

Nachdem Minchen sich das Feuer eine Weile angesehen hat, der Turm aus Holzpaletten etwas in sich zusammen gefallen ist, wagt sie tatsächlich ein paar Schritte an das Feuer heran. Die Hitze schlägt uns ins Gesicht. Mißtrauisch hält sie die Flammen im Auge, der Fluchtweg durch die Lücke im U bleibt offen, das ist wichtig, falls sie doch die Flucht ergreift. Aber nein, Minchen ist dieses Jahr supermutig. Zögerlich zwar aber beherzt maschiert sie um das Feuer herum, geschafft, super Minchen, brave Maus, das hast Du toll gemacht. Ganz unheilig bekommt sie ihr hochverdientes Lob. Über eine zweite Runde läßt sie allerdings nicht mit sich diskutieren, sie legt den Rückwärtsgang ein, entdeckt das Gras zu ihren Hufen und der Herr mit seinem Apfel ist auch zur Stelle. Das ist der Preis für die gesparte Sedation. Wir nehmen wieder unseren Platz im U ein, die Kapelle formiert sich für ein letztes Lied "das Licht geht aus, wir geht nach Haus...". Wenn Minchen nicht nochmal am Feuer entlang möchte, vielleicht ist sie ja bereit, hinter den Leuten her zu gehen, damit die Kinder das Pferd noch einmal aus der Nähe sehen können. Der dunkle Schatten ist Minchen nach all der Aufregung allerdings suspekt, doch nach kurzer Sondierung der Lage maschiert sie brav in die angewiesene Richtung.

Neben dem Feuerwehrauto nehmen wir Aufstellung. So können alle, die möchten, das Pferd aus der Nähe sehen und ich freue mich über noch mehr nette Bemerkungen. "Gut gemacht", "ein schönes Bild", "Danke" und "Tschö St. Martin", "bis nächstes Jahr". Minchen knickt ein Hinterbein ein, genießt alle streichelnden Hände, beschnuppert neugierig die Kinder im Arm, sie läßt sich den ganzen Trubel supercool gefallen, steht wie ein Standbild aus dem Märchen.
"Ist es gespritzt?" Nein, ist sie nicht, die ist von Natur aus so cool - sonst würde ich solche Aktionen mit ihr nicht machen. Karneval bleibt sie schön zu Hause.

"Kannst du das Kostüm schon zurück geben?" Nein, noch nicht, solange die Menge mit Kindern und Kinderwagen um uns herum ist, lasse ich die Hände zur Sicherheit am Zügel. Als die größte Menge abgezogen ist, entledige ich mich des Mantels und des Helms und zeige Minchen die Überbleibsel des Feuers. So ein heruntergebranntes Feuer findet sie völlig unspektakulär, ihr Interesse gilt ausschließlich der Wiese. Heißhungrig stürzt sie sich darauf. Nagut, 10 Minuten. "hmm Sauerbraten" - "bist selber gleich ein Sauerbraten!". Anscheinend haben wir dieses Jahr unsere Rolle gut gespielt, die Kinder sind sowieso begeistert, die Eltern voller positivem Feedbacks, die Organisatoren zufrieden und alle sagen das auch. :-)

Auf dem Rückweg zum Anhänger begegnen wir ein paar versprengten Resten vom Martinszug, die Kinder gehen singen.
Am Hänger angekommen wird auch Minchen entkostümiert, mit Leckerchen überschüttet und mit Lob überhäuft. Minchen ich bin so stolz auf Dich. Schnell sammel ich ihren Dünger vom Marktplatz, problemlos steigt sie wieder ein. Wenn wir dürfen, sind wir nächstes Jahr wieder dabei. Vielleicht dann mit teilbarem Mantel und Bettler?

Ich habe unterwegs soviele Blitze aufleuchten sehen, ließst das zufällig jemand aus Alkenrath und hat jemand ein Bild von uns???? - für mich . Bitte mail mir!


Eine sehr informative Seite zur Legende von St. Martin unterhält das Erzbistum Köln: www.martin-von-tours.de.
designed by igramul