Der Obstweg - Leverkusens neue Attraktion

Das Minchenmobil Teil XXL
2. November 2008


Es ist mal wieder soweit, die Uhren wurden umgestellt, jetzt ist es Dunkel, wenn ich zum Stall fahre. Plötzlich werde ich stutzig, da steht etwas an meinem Wegesrand, eine Tafel. Komisch.
Die Weidesaison ist beendet, die Pferde stehen auf den Winterpaddocks. Minchen freut sich riesig, mich zu sehen, endlich gibt es etwas zu essen. Natürlich lassen wir uns von der frühen Dunkelheit nicht von einem schönen Ausritt abhalten. Wir drehen die "übliche Runde mit Erweiterung". In der Nacht wirkt die Baustelle doch beunruhigend, aber nachdem Minchen die gelben Blinklichter zugeordnet hat, schreitet sie tapfer über die Holzbohlen. Im Wald ist es sehr dunkel, aber auf den Höhen können wir wieder mehr sehen. Auf einmal wird Minchen mißtrauisch, da steht etwas am Wegesrand, noch so eine Tafel, komisch. Und da stehen lauter Pfähle hinter dem Zaun, als ob die da Bäume pflanzen wollen? Hoffentlich keine Obstbäume, da werden die Pferde im Herbst so lustig von... Das müssen wir uns wohl mal bei Tage näher ansehen, gedacht und vergessen...
Der Obstweg - Pfosten ohne Bäume - November 2008

Das Wetter ist prima, Moni ist nicht da, aber Sandra reitet in der Halle, fährst Du mit Kutsche? Ja klar. *Freu.
Unser ebenes Aufwärmstück ist ja leider zur Zeit durch die Baustelle blockiert, also fahren wir die Runde doch einfach mal anders herum, dann muß Minchen die Kutsche nicht gleich den Berg hochziehen. Ein bischen trödelig zockeln wir los. Im Wald angekommen hält Minchen Ausschau nach den kleinen runden Äpfelchen, die hin und wieder unter das Laub gemischt sind. Scharen von Fußgängern sind heute unterwegs, kein Wunder, bei dem Wetter, und hier unten führt ja auch ein Wanderweg durch das Tal.
Auf dem schmalen Sträßchen begegnet uns ein Auto, dass sehr rücksichsvoll um die Kutsche herum kurvt, dankeschön - um sodann wild hupend in die nächste Einfaht einzubiegen - hallo, geht noch??? Aus den Augen, aus dem Sinn? Erschreckt macht Minchen einen Satz. Nun ist sie wach.

Die Infoschreiben zur Unterschriftenliste Flabbenhäuschen hängen immernoch, die Sonne hat allerdings ihre Bleichspuren hinterlassen, und die Reiter werden immernoch nicht erwähnt. Da sind wir bald an dieser ominösen Infotafel, aha, ein Obstweg also. Ein Stück folgen wir der Straße, dann biegen wir links ab, auf einsamen Schmugglerpfaden - so denke ich, denn hier bin ich nur selten überhaupt einer Menschenseele begegnet, auch bei Sonnenschein. Tapfer zieht Minchen die Kutsche den Berg hoch. Der Wiesenweg ist ein wenig matschig heute, da muß sie ganz schön kämpfen. Ein Schritt vor, ein halber zurück... Da kommt uns die erste Horde Fußgänger entgegen, nanu, was ist denn hier los? Die Kinder flitzen vor und neben und hinter der Kutsche her, ohne Rücksicht auf Verluste, ob das so eine gute Idee ist? Die Erwachsenen stehen vor einer weiteren Infotafel des Obstweges... auch hier stehen nackte Pfähle in der Wiese gegenüber der mächtigen Eiche, die das Bild des Weges beherrscht, ob der Obstweg überhaupt erst noch gepflanzt werden muß??? So sieht es aus, Hauptsache, die Schilder stehen schon einmal...

Wir setzen unsere Fahrt fort, da kommt uns der nächste Fußtrupp entgegen. Eine der "vielen Einkehrmöglichkeiten" liegt verlassen da, es steht zum Verkauf. Auf dem Höhenweg begegnen uns weitere Massen von Fußgängern. Nach dem Wäldchen mit dem Birnbaum, er hat zu Minchens Leidwesen dieses Jahr leider nicht getragen, stehen die nächsten nackigen Pfosten in der Wiese. Im Tageslicht sehen wir die Eingangs bei Nacht schon erwähnte Infotafel neben den Pfählen in der Wiese, die uns den Weg bis zur großen Eiche begleiten. Nach der Eiche sind vom Obstweg keine Spuren mehr zu sehen. Felder und Wiesen säumen den Wegesrand und prägen die Landschaft. Minchen trabt munter voran, es ist Abendessenszeit. Und weil es so schön war, fahren wir auch noch bis zur dritten Eiche, Kurzkehrt und im flotten Trab nach Hause. Das war mal wieder eine schöne und zudem lehrreiche Ausfahrt. Viele Eichen aber wenig Obst auf diesem Abschnitt vom Obstweg :-)



Zu Hause muß ich erstmal google fragen, was denn da los ist bei uns... Der Obstweg also, Leverkusen hat eine neue neun Kilometer lange Attraktion! Na herzlichen Glückwunsch.
Mögen Reiter, Fahrer und Wanderer einvernehmlich auf dem Obstweg wandeln und möge der Obstweg die Idylle des Flabbenhäuschen retten.


Der Obstweg muß also zum Teil noch gepflanzt werden, wir werden sehen, aber das wird eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.
Der "vor"-Obstweg  - Oktober 2008

designed by igramul


Im Leverkusener-Anzeiger ist ein sehr schöner Artikel zum Obstweg erschienen:

Obstwanderweg
Ein begehbares Juwel

Von Werner Röder, 28.10.08, 14:59h
Die Sache beginnt um 14 Uhr mit der meteorologischen Tristesse, die der Herbst nun mal im Repertoire hat: Regen, zehn Grad. Der blaue Himmel, der sich kurz zuvor über Opladen spannte und Sonne schickte, ist matschig und grau. Doch - und das sei hier vorausgeschickt - sie wird zurückkehren. Denn die Sache ist unvergesslich und entwickelt sich zu einem neun Kilometer langen Fest der Sinne. Und man kann sich sicher sein: Dieser neue Obstweg Leverkusen trotzt jeder Witterung und sendet die Sonne mitten ins Herz. Und wer gut zu sich ist, der nimmt nicht die kurze Variante über Claashäuschen zurück zum Naturgut Ophoven, sondern geht ein wenig gemächlicher und erlebt die große Runde damit auch ein bisschen intensiver.

Die Kulisse wird vom lieben Gott geliefert und die Inszenierung vom Naturschutzbund Rhein-Berg, der fürs Konzept verantwortlich ist. Gut, vermutlich lädt jeder Wanderweg samt seinen Verlockungen der Natur zum Verweilen. Und jeder Wanderweg am Rande eines urbanen Molochs ist ein begehbares Juwel. Aber dieser hier hat noch mehr zu bieten, denn dieser ist ein Obstweg. Und Obstbäume sind, seit sich der Mensch ihrer Früchte bedient, das Poesiealbum einer Landschaft. Außerdem kreieren sie im Jahreslauf viermal eine neue Haute Couture für den Laufsteg der Natur. Und dann konkurriert zum Beispiel die frühlingshafte Blütenpracht mit der Erinnerung an die opulente Farbpalette, die der Herbst parat hält. Will sagen: Vier Mal - mindestens - ist dieser Pfad einen Ausflug wert.

Auf diesem Obstweg wandern Sie durch Täler und über Hügel mit der Hauptattraktion Streuobstwiesen. Ihre Pracht entfalten sie auf den Höhen von Leverkusen. Hier stehen die meisten Obstbäume. Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Zwetschgenbaum, Speierling und Quitte leben hier in einer Harmonie, wie sie unter Menschen nur in der Vielvölkerstadt New York oder in Wiesdorf möglich ist. Sie werden hier oben das Geräusch der Autobahnen vermissen, die Leverkusen kreuzigen. Dafür hört man den vorwitzigen Grünspecht, der auf der Liste der bedrohten Tierarten verankert ist. Wie auch der hier heimische Siebenschläfer oder der Steinkauz, der in Atzlenbach brütet.

Wir passieren Atzlenbach, dessen Häuschen für die Landschaft der Spielzeugeisenbahnen Model gestanden haben müssen. Dieses Dörfchen lädt grundsätzlich zum Verweilen. Wie die Hofläden am Wegesrand, an denen Sie Kaminholz oder Eier oder gar Staudenraritäten erwerben können, die man in einem Fach- oder Baumarkt vergeblich sucht. Hier, auf der Obstwiese nebenan, pflegt der „Geflammte Kardinal“ die Nachbarschaft zu „Kaiser Wilhelm“. Zwei köstliche einheimische Obstsorten.

Hier ist auch der Wendepunkt, zurück zum Naturgut, vorbei an der Idylle der Grunder Mühle Richtung Unterölbach. Und dort, wo die häufigen Wegbegleiter Ölbach und Wiembach aufeinandertreffen, freuen wir uns im Mai auf das Tausendguldenkraut und im Juni lassen wir den Großen Klappertopf klappern. Seinen Namen verdankt der Klappertopf seinen reifen Früchten, in denen die Samen klappern, wenn sie bewegt werden.

Im Juni nehmen wir natürlich auch wieder die große Variante. Sonne ist dann auch wahrscheinlich. Aber die brauchen wir ohnehin nicht. Die haben wir längst im Herzen.

http://www.leverkusener-anzeiger.ksta.de/jla/artikel.jsp?id=1218660760100