Regenreiter

Der Himmel Grau in Grau, wolkenverhangen, es wird sehr früh Dunkel. Seit Tagen wird es nicht mehr richtig hell und es gelingt kaum trockenen Hauptes die Nase auch nur vor die Tür zu stecken. Dauerregen = große Unlust. Die Bäche sind voll, die Flüsse treten über die Ufer, die Pferde trotzen triefend dem Nieselwetter.


Wotan findet das Wetter auch zum ...

Lust auf einen Ausritt?
Hmmmm. Eigentlich ja! Aber der Sattel bleibt zu Hause. Minchen ist auch sehr damit einverstanden, dem Paddock zu entfliehen und unter das trockenen Dach zu schlüpfen. Der Regen läßt etwas nach, nur ein wenig, immerhin, ein Hoffnungsschimmer am Horizont? Zu Putzen ist nicht viel bei der Dusche. Schuhe? Es wird matschhig werden - andererseits läuft sie im Moment doch eher empfindlich. Fertig, da schüttet es auch schon wieder. Meine Aldi-Regensachen habe ich vom Radfahren noch an, Kapuze tief ins Gesicht gezogen und hinein in das Schauerwetter. Munter ist sie, wir sind noch nicht auf der Atzlenbach, da ist sie schon dreimal gesprungen. Hinter dem Rauschen verbergen sich bestimmt bösartige Kreaturen. Den Berg hoch stürmt sie los, ich sitze auf einem Vulkan. Ein Kinderwagen vor uns, Minchen brav jetzt. Im Nu sind wir auf der schönen Aussicht. Hinab ins Dorf sitze ich lieber ab, so kurz vor Silvester ist Vorsicht geboten und Minchen ist eh recht aufgedreht. Ein paar Jugendliche mit Knallern lassen mein Pferd zusätzlich scheuen, doch es geht alles gut, wir nehmen einen kleinen Umweg und da sind wir auch schon im Wiehbachtal.

Lust auf einen Ausritt?
"Klar! Aber komm doch erst einmal rein, ich habe nicht wirklich mit Dir gerechnet" Kannste mal sehen. Minchen verschwindet in einem Berg aus Stroh in Billys Box, stürzt sich sogleich begeistert auf das Heu, kurz nur, wir wollen ja reiten - und die richtige Box ist das ja auch nicht. Bereitwillig läßt sie sich wieder zäumen unt hinter Billy her geht es hinaus in den Regen und hinein in den Wald.

Der Boden ist aufgeweicht und matschig. Billy versucht die Mocke rechts über die Böschung zu umgehen, sieht aber ein, daß es dort zu glitschig ist. Minchen sieht das nicht ein. Gerade habe ich noch einen Artikel über das Reiten im Winter im Kopf - immer schön die Beine abspreizen, damit diese im Falle eines Falles nicht unter das Pferd geraten, Plumps, da liegt mein Pferd im Matsch, mein Fuß steht sicher auf der Böschung. Was jetzt? Da werde ich auch schon wieder in die Höhe gehoben. Minchen rappelt sich auf, setzt ihren Weg mir nichts - Dir nichts fort, durch die Mocke.
Wir kommen über die Höhen, eigentlich ein sehr schöner Weg, nur ein wenig Feucht, von oben sowie von unten. Die Rinnsaale bahnen sich ihren Weg durch die Felder. Regen tropft von meiner Kapuze in Minchens Haar, der Boden quitscht und quatscht unter den Hufen. Bergab steige ich lieber ab - Flachlandtirolerin die ich noch immer bin, tief in meinem Inneren - begehe den selben Fehler wie mein Pferdchen, die Böschung wirkt einfach viel trockener, doch der Schein trügt. Gerade kann ich mich auf den Füßen halten, weiter im Text. Große oder kleine Runde? Große natürlich, jetzt, wo wir einmal unterwegs sind.
Zwei einsame Spaziergänger mit Regenschirmen queren unseren Pfad unter der Autobahnbrücke hindurch. Befreit und glücklich traben die Pferde ein Stückchen - bis zur nächsten Matsche. Die Schuhe halten - meine Regensachen auch.
Hübsch ist es hier oben und rutschig. Nu lauf schon Minchen. Den Pferden behagt der Schlamm garnicht. Mühsam bahnen sie sich ihren Weg. Auf Asphalt läuft es sich viel leichter. Die Straße führt hinab zurück unter der Autobahn hindurch. Das dumpfe grollende Echo der klappernden Hufe fürchtet mein Pferd. Ein Auto mit brüllendem Motor trägt nicht gerade zum Vertrauen bei, wotsch, spritzt das Wasser von der Pfütze unter das Blech. Schnell verschwinden wir wieder im ruhigen Wald, den wir heute fast für uns alleine haben. Plötzlich versperrt uns ein tosender Bergbach mit einem schmalen Fußgängerbrückchen den Weg. Das vom vielen Regen fast wadenhohe Wasser spült wild strudelnd um grobe spitze Felsen. Billy mit geschultem Blick peilt die Lage und stapft tapfer voran durch die reißenden Fluten. Minchen ist da viel weniger routiniert, mißtrauisch beäugt sie das klare Bergwasser, wirft einen eindeutigen Blick zum Steg. Neee Minchen, viel zu dünn. Es ist auch blos ein schmales Gitter, du mußt da schon durchgehen - und ich gehe nicht vor! Zweifelnd wendet Minchen sich wieder dem Wasser zu, na los. Vorsichtig setzt sie einen Huf vor, steckt prüfend ihre Nase in den Bach, plantscht ein wenig herum. Na los doch. Billy schaut erwartungsvoll zurück, wir warten.... Minchen guckt zu ihm herüber, der ist da heil angekommen... nimmt sich ein Herz und durchquert mutig den Bach. Toll gemacht Micky Maus. Eifel, wir kommen...

Wir verabschieden Billy an seinem Stall und machen uns flugs auf den Heimweg. An der Ecke ruft Minchen nochmal laut "Tschöööö Billy" und stürmt los, Heim, ins Trockene, Heim, zu Heu und Stroh. Absitzen. Die Kinder mit den Knallfröschen sind immernoch unterwegs, ich gleite von Minchens durchnässten Rücken, nehme ihre Zügel, von hinten kommt der Bus - oh was für ein schreckliches Ungetüm, wenn es nass und ungemütlich ist. Ratsch, das war der Bund von meiner Regenhose. Minchen, das Trampeltier ist in ihrer Eile darauf getreten. Runde um Runde dreht sie am langen Zügel um mich, es geht ihr einfach nicht schnell genug. Wenn sie könnte, würde sie lostölten, so kerzengerade aufgerichtet, so eilig, aber tölten kann sie nicht als Norweger. Wir erreichen die Kuppe, da sehen wir vor uns noch eine Regenreiterin, Grau in Grau - eine Stallkameradin trotzt ebenfalls dem Wetter. Hurra, da schließen wir uns an. Plötzlich hat mein Pferdchen es nicht mehr gar so eilig, brav trottet sie hinter der Boxennachbarin her nach Hause.

Doch, es war ein sehr schöner Ritt, wenn man den inneren Schweinehund ersteinmal überwunden hat. Und der ist - Aldi sei Dank - auch völlig trocken geblieben, nur am Jackensaum, der auf den kladdernassen Pferderücken aufstieß, zieht sich etwas Feuchtigkeit hoch, und mein Pony tropft, wo er nicht unter der Kapuze bleiben wollte. Aber die Micky Maus sieht aus wie ein begossener Pudel. Mit einem flauschigen Frotteehandtuch rubbel ich ihr Gesicht. Dankbar nimmt sie die Geste entgegen, reibt ihre Augen, ihre Wangen, ihre Ohren, schüttelt den triefenden Schopf. Dann entlasse ich sie ins frische Stroh, einen halben Ballen davon aufgetürmt über ihren Nieren. Schnaubend wendet sie sich dem Heu zu, wirkt eigentlich ganz zufrieden. Lust auf einen Ausritt?
 
 

**** Kommentar Anfang *****
Na, lebste noch? alles fit, oder biste erkältet? Ich hab Dich und Uli gestern in Dürscheid gesehen, ....mutig mutig bei so einem Wetter auszureiten....ich war mit den Hunden oben auf den Bayerfeldern spazieren und mir haben schon 30 minuten gereicht, bis ich ziemlich nass war...
**** Kommentar Ende *****
Silke Kandler
 
 

designed by igramul