Schwanensee

Schwanensee
3. März 2012

Es ist dunkel, es ist spät, aber ich muß unbedingt noch ausreiten. Minchen ist längst auf Boxenruhe eingestellt. Ich reite wirklich viel zu wenig, seit ich in Bochum bin. Träge schreitet sie los. Auch ein Auto kann sie nicht beeindrucken, keinen Zentimeter weicht sie zur Seite, da bewegt sich etwas im Zwielicht. Schlagartig ist sie hellwach, reckt den Hals, spannt die Muskeln. Bumm bumm bumm schlägt das Herz, der Puls beschleunigt, Minchen erstarrt. Statuengleich, im silbernen Mondlicht, blitzen die Augen, die Mähne bewegt sich sachte im Wind. Ein Schwan schwimmt majestätisch über den See, gleitet ruhig über das Wasser, makellos weisses Gefieder, stolz geschwungene Brust, das Eis ist endlich geschmolzen. Mit einförmigen kaum wahrnehmbaren Bewegungen paddelt er hinter einen Baum, verschwindet im Unterholz des Sees...
Minchen schlägt mit dem Kopf, tänzelt, trabt auf der Stelle, gibt Gas... wo ist der Schwan geblieben?
Überall raschelt es, Ratten, Mäuse, Kröten huschen durch das Laub. Raus aus dem Wald, noch etwas mehr Licht. Schaut sich immer wieder um, tänzelt, trabt. Eine Tänzerin in der Nacht. Das Feld ist noch weich, die Krater vom Schmelzwasser sind unter gepflügt. Gut einen halben Meter tiefe Furchen hatte es in den Acker gegraben. Kräftiger Galopp hinauf, geradewegs in den nachtschwarzen Himmel. Tänzelt, trabt. Langsam läßt die Spannung nach. Frühlingsgefühle. Die Zügel hängen durch, die Hand ein wenig vor, schon trabt sie wieder los. Hui ist das schön, die kühle frische Nachtluft im kurz geschnittenen Haar. Die Fohlen schlafen schon. Guten Abend. Tänzelt. Im Dorf, am Bach entlang. Platsch, Wasserratten. Traben, Schweben, liebst Du den Tanz? Den Tanz in der Nacht? Dunkel. Dunkelheit umgibt uns. Undurchdringliche Schwärze. Klirrend kalte Winternacht, Frühlingsdüfte, der Frühling liegt in der Luft. Zum Greifen nah. Nicht mehr fern.

Ein einsames Stalllicht, darauf reiten wir zu. Die Halle verlassen zwischen Baumstämmen und Sträuchern. Ich muß noch misten. Ungeduldig stampft sie die Hufe, Schwanengesang. Sie verlangt ihr Futter. Schwanengefieder, sie verliert ihr Winterfell. Langsam kehrt Ruhe ein im Schwanennest. Gute Nacht, meine Schwanenprinzessin.

Den bestelle ich da gerne öfter hin, den Schwan.

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