Training

Auszug aus meinem Trainingstagebuch vom 5. August 2006
Nachdem ich mich schon einmal getraut hatte, fuhr ich mit Minchen wieder mal alleine zum Training in den Dhünnwald. 90 Minuten sind mein Ziel, bleibt Minchen darunter, starten wir Maaswald - dort erwarten uns schnelle sandige Pisten - und trainieren die nächsten vier Wochen ausschließlich Sand. Kann sie die 90 Minuten nicht unterbieten, reiten wir Perschiet, das kommt Minchen mit seinen festen Straßen und Wiesenwegen eher entgegen und wir haben drei Wochen mehr zum trainieren. Eine dritte Alternative tut sich auf, der Distanzritt um den Drüller Berg, fest-sandig, holländisch-hügelig, genau dazwischen aber leider mit Terminkollision.

Angekündigt war soetwas ähnliches wie Dauerregen, dabei ist es schwül warm und ab und zu schaut sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor. Den Schützenplatz kennt Minchen schon, auch die Straßenbahn und das Gras. Schnell satteln wir, Blick auf die Uhr, es ist genau 12:15 Uhr. Minchen schlägt wieder den Bogen nach links, das ist wohl ihre Lieblingsrichtung, artig läuft sie fleißig los, anscheinend weis sie, worum es geht, sie wirkt voller Tatendrang. Auch meiner Auforderung zum Galopp kommt sie immerwieder nach, nur der Linksgalopp klemmt heute ein wenig, links geht erst, als sie sich rechts ausgetobt aht.
Die schöne gewundene Galoppstrecke liegt gleich zu Anfang vor uns, ein Pfützchen hie und da bremst uns ein wenig aus, Minchen sucht sich selbstständig ihren Weg, wie ich das von einem guten Geländepferd erwarte. Nun verläuft der Reitweg parallel zum Spazierweg. Mama, warum ist der verbunden? - ich habe Minchen ihre Fliegenmaske übergezogen, aber sie kann damit sehen, ganz sicher.
Puh, ganz schön warm wird das heute. Im Nu ist Minchen schweißgebadet, da sind die ersten zwanzig Minuten schon Vergangenheit. Das Bachbett ist völlig ausgetrocknet, an der großen Straße folgt Auto auf Auto. Schließlich gibt es eine große Lücke, wo wir schnell die Straße überqueren können. Auf der anderen Seite werden zwei kleine Ponies spazieren geführt. Auch einer Gruppe mit Isländern und anderen Reitern begegnen wir heute, Minchen interessiert das nicht, sie hat den Uhu heute zu Hause gelassen *freu.
Am Abzweig zur Diepeschrather Mühle führen wir eine kurze Diskussion, natürlich folgen wir dem kürzlich neu entdeckten Abschnitt um die Mühle herum statt durch die Mühle hindurch, aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.
Langsam geht der Kampfgeist aus, so ganz ohne Gegner. Wir legen eine kurze Schrittphase ein, kurz nur, denn die Passage über die Rasengittersteine bietet sich dazu gerade an. Kurz hinter der Brücke reiten wir hinunter zum Bach, aber Minchen hat wohl noch keinen Durst, heute verschmäht sie das kühle Nass trotz der wärmeren Grade, also weiter im Text - oder im Trab ...
Neben den Rasengitter wächst schönes grünes Gras, das weis auch Minchen, gierig und hungrig stürzt sie sich darauf. Ich lasse sie Naschen, denn ein wenig Flüssigkeit wird ihr nicht schaden. Aber nur NASCHEN Minchen, kein Pausieren. So richtig sieht sie das nicht ein, fügt sich aber dem Schenkeldruck.
Nach rechts biegen wir wieder in den schattigen Wald ein, hier ist es deutlich angenehmer, die Chaps hätte ich mal getrost zu Hause lassen können. Der puschelige Pelz ist fast schon wieder trocken. Puschelig - ja, Minchen gefällt es, Anfang August schon deutlich Winterfell zu schieben, besser also nicht mehr allzulange Warten mit dem nächsten Distanzritt ... Holla Minchen, Galopp. Willig springt sie an, aber Links klemmt noch immer.
Langsam nähern wir uns der Zielgeraden, die Uhr im Blick, es ist grad halb zwei durch ... Links ab biegt der Reitweg. Trotz der Regenschauer der letzen Tage ist der Sumpf völlig ausgetrocknet. Der Sportplatz schimmert zwischen den Bäumen hindurch, 13:41, die Uhr tickt gnadenlos. Minchen weis immer genau, wo wir den Anhänger geparkt haben. Der letzte Wegabschnitt ist ordentlich mit Sand aufgeschüttet, viele runde Kiesel haben den Weg nach oben gefunden. Nein Minchen wir reiten geradeaus! Minchen weis immer genau, wo wir den Anhänger geparkt haben und das ist nicht geradeaus. Verwirrt versucht sie nocheinmal, nach links abzubiegen, 13:45 Uhr. War das jetzt Ziel erreicht oder Ziel verfehlt?
Ich schätze die Runde auf knapp 15 km, vielleicht sind es auch nur zwölf Kilometer. Zwanzig Kilometer sollten wir schon schaffen, wenn der nächste Distanzritt über 54 km gehen soll. Minchen weis immer genau, wo wir den Anhänger geparkt haben und eine zweite Runde ist eindeutig nicht ihr Ding. Das müssen wir üben.
Laut Christina hat die untere Runde genau fünf Kilometer, die hängen wir heute auf jeden Fall noch dran Minchen. Bitte.
Minchen läßt sich nicht lange bitten, mit Märtyrermine trabt sie drauf los, irgendwann wird die da oben ja wohl genug haben ... Um das Matscheloch macht sie wieder einen großen Bogen, aufatmend biegt sie rechts ab, keine große Runde diesmal, Minchen ist gut orientiert. 14:10 Uhr und schon sind wir wieder am Sportplatz. Wie jetzt? War das jett unterboten?
Donnerwetter, jetzt bin ich so klug als wie zuvor ...
Zurück am Anhänger hat Minchen sich eine gründliche Massage verdient, Wasser habe ich mitgenommen, Trinken möchte sie aber nur ein paar Schlucke.
Zwei weitere Pferdeanhänger sind angekommen, mit lautem Gepolter verlangen die Pferde hinaus. Minchen spitzt die Ohren, bleibt aber völlig cool, sie genießt die Wäsche und ihre Möhre.
Spaziergänger spannen ihren Regenschirm auf, nanu, es regnet doch noch garnicht - oder doch? In zarten Tropfen fällt der Regen vom Himmel, aber unter dem Blätterdach sind wir genügend geschützt. Eigentlich hatte ich wegen des Schattens hier geparkt, aber so ist es natürlich auch gut. Zur Sicherheit ziehe ich ihr aber die Decke auf und lasse sie noch ein wenig grasen, das hat sie sich verdient. Fast trocken kann ich die schließlich verladen. Ohne Zögern steigt Minchen ein, Superminchen.
Und Morgen? Morgen trainieren wir Berge, Ropenstall-Berge ... :-)
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